DFG Forschungsprojekt: Das Geflecht aktiver Bürger. Eine explorative Studie zur Funktionsweise von Zivilgesellschaft gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Bürgergesellschaft (Zivilgesellschaft) ist in der öffentlichen Debatte wie in politischen Programmen jeglicher Couleur nahezu allgegenwärtig. Dieser hohen gesellschafts- und sozialpolitischen Relevanz steht jedoch ein erhebliches Forschungsdefizit gegenüber: Zwar gibt es eine Vielzahl normativer Entwürfe und eine umfangreiche empirische Forschung zu Teilaspekten wie der Makrostruktur des Dritten Sektors oder den Motiven für freiwilliges Engagement. Was jedoch fehlt, ist eine empirische Untersuchung der konkreten Funktionsweise von Bürgergesellschaft vor Ort unter den Bedingungen von Individualisierung und reflexiver Modernisierung. Ziel des Forschungsvorhabens ist es daher, im Rahmen einer interpretativen Stadt-Studie zu einer Kommune im nördlichen Ruhrgebiet das Geflecht aus Organisationen, Gruppen und individuellen Akteuren zu analysieren und dabei fördernde wie hemmende Faktoren von Bürgergesellschaft offen-zulegen. Besonderes Augenmerk liegt auf den Nutzenkalkülen der Akteure (im weiteren Sinne, inklusive Sinn- und Identitätsstiftung), auf Karrieremustern (vor allem im Verlauf zwischen Familien-, Erwerbs- und freiwilliger Arbeit), Vergemeinschaftungsprozessen (inklusive Schließung und Eliten-bildung) sowie auf der Voraussetzungshaftigkeit des Engagements mit resultierenden Ungleichheiten und Asymmetrien in der Bürgergesellschaft. Schließlich wird untersucht, was in vielen Beiträgen als vorrangiges Desiderat der Forschung benannt ist: das Problem der „Passung“ zwischen gewandelten individuellen Dispositionen und organisatorischen Strukturen. Um dies leisten zu können, werden drei Organisationen des kommunalen Geflechts in den Mittelpunkt gestellt, die sich deutlich von der dominanten etatistischen Tradition des dritten Sektors in Deutschland abheben: eine Bürgerinitiative, eine Freiwilligenagentur und eine Bürgerstiftung. Die nahezu zeitgleiche Arbeit aller drei Organisationen in der Stadt bietet einen sehr guten Zugang zum zivilgesellschaftlichen Geflecht vor Ort.
Leiter und Mitarbeiter:
Prof. Dr. Ronald Hitzler (Universität Dortmund) / Prof. Dr. Ludgera Vogt
Veröffentlichung:
Link zum Buch "Das Geflecht aktiver Bürger"
Das Geflecht aktiver Bürger
Das Buch präsentiert die Ergebnisse einer explorativen Stadtstudie über die Funktionsweise von Bürgergesellschaft vor Ort. Am Beispiel einer Mittelstadt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets wird aufgezeigt, warum sich Akteure engagieren, welche Rolle posttraditionale Gemeinschaften dabei spielen, welche Karrieremuster in der Bürgergesellschaft greifen und wie sich Strukturen sozialer Ungleichheit bemerkbar machen. Vor allem aber wird sichtbar, dass die Funktionsfähigkeit von Zivilgesellschaft vor Ort angewiesen ist auf enge Vernetzungen zwischen Akteuren und Organisationen sowie auf eine ausgeprägte Kooperationskultur.
Die Autoren:
Dr. Andreas Dörner ist Professor für Medienwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg.
Dr. Ludgera Vogt ist Professorin für Allgemeine Soziologie an der Bergischen Universität Wuppertal.